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«Wir möchten uns im Dorf vernetzen»
Von Andrée Getzmann
Mittwochabend im «Steiböckli». Hanspeter Käslin sitzt an einem Tisch und isst eine Crema Catalana. «Vielleicht kommt noch jemand», sagt der Stanser. Heute ist «Queer-Stamm» im Nidwaldner Hauptort. Dabei treffen sich jeden dritten Mittwoch im Monat Menschen aus der queeren Community, die in Stans leben, am Stammtisch. «‹Queer› umfasst das ganze Spektrum», erklärt Hanspeter Käslin, «wir wollen lesbische Frauen, schwule Männer, bisexuelle sowie nonbinäre und trans Menschen in Stans zusammenbringen.» Seit etwas mehr als einem Jahr organisiert er mit der Pride Zentralschweiz diesen Stamm. «Wir möchten uns im Dorf kennenlernen und vernetzen. Es wäre schön, wenn sich eine kleine, lebendige Community bilden würde.»
Wer wohnt ums Eck?
Die Tür geht auf und an den Tisch kommen zwei Männer. Einer von ihnen ist Chris Sprenger, der Präsident von Pride Zentralschweiz – jener Organisation, die vor zwei Jahren die Queer-Stammtische in Zentralschweizer Dörfern ins Leben gerufen hat. Er findet, dass es einen Unterschied gibt zwischen queeren Treffen in der Stadt und im Dorf. «Hier ist es kleiner, persönlicher. Und gemütlicher», sagt er lächelnd.
«Dass wir auch in den Dörfern sichtbar werden, ist wichtig», meint Hanspeter Käslin. Er selber lebt offen schwul. Doch noch immer seien die Vorbehalte gegenüber jenen Menschen, die nicht ausschliesslich heterosexuell sind, auf dem Land stärker spürbar. Zudem gebe es in ländlichen Gebieten selten Angebote wie etwa queere Sportgruppen oder Chöre. Oft, sagt Hanspeter Käslin, organisierten sich queere Menschen auf dem Land heute online. «Wenn wir auch in den Dörfern integriert sind, werden unbegründete Vorurteile durch reale Begegnungen abgebaut. Wir nehmen niemandem etwas weg, es ist vielmehr eine Bereicherung unserer Gesellschaft. Ich möchte, dass man sich hier offen treffen und wohlfühlen kann, und zwar im echten Leben.»
Reden und Zuhören
Ein Gesprächsthema am Stammtisch finde sich immer, sagt Hanspeter Käslin. Queer zu sein sei an sich ja nicht abendfüllend. Aber es bringe Fragen mit sich, die durchaus Diskussionspotenzial hätten. Familienpolitik oder auch bildungspolitische Fragen nennt er als Beispiele. «Und sonst ist es ja auch spannend, einfach einmal den anderen zuzuhören.» Der Queer-Stamm verstehe sich nicht in erster Linie als Beratungs- oder Hilfsangebot. «Aber selbstverständlich vermitteln wir weiter, wenn jemand Unterstützung braucht.»
Infos: www.pridezentralschweiz.ch
QueerStamm Stans: Jeden 3. Mittwoch im Monat um 19 Uhr im «Steiböckli».