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Wenn nicht wirklich, so vielleicht doch möglich

3. November 2025
David Bucher, Schmiedgasse, ist eine Kulturperson par excellence. Der ausgebildete Primarlehrer ist über die Musik und das Theater zum Autor geworden, der sich der Verfremdung der Realität annimmt. Sein jüngstes Werk widmet sich fantasievoll der Deutung von Stanser Begebenheiten.

von Peter Steiner

Was lösen Dinge aus, die einem im Alltag ganz selbstverständlich begegnen, wenn man sich ihnen in Gedanken hingibt und frägt: Weshalb ist denn die Bahn um den Kollegi-Sportplatz gelb? Oder: Zu wes Nutzen steht der metallene Hoch­stuhl im Garten der Rosenburg? David Bucher e-biked relaxt von seinem Haus über den Beton der Schmiedgasse zum Dorfplatz und darüber hinaus Richtung Stansstad und Hergiswil nach Horw. Bis er an seinem Arbeitsort ankommt, ist ihm manches durch den Kopf gegangen. Flugs sammelt er die fünf, sechs Einfälle, wie dies mit dem «Gelb», dem «Stuhl», dem «Beton» hätte gewesen sein kön­nen, und deponiert sie in einer E-Mail an sich selbst.

Baubu, Buochs, Stans
Denn zuerst kommt jetzt die Arbeit. David Bucher ist ICT-Verantwortlicher für einen Teilbereich der Schule Horw. Er hilft, wenn irgendwo ein Compi nicht aufstartet oder ein Bildschirm auf Black­out macht, er steht aber auch parat für Instruktionen der Lehrerschaft und der Schülerinnen und Schüler. Beim ersten geht's oft nur um einen Stecker, der wa­ckelt, beim zweiten wird's pädagogisch und somit ganz berufsnah: David, im luzernischen Baubu (dt.: Ballwil) aufge­wachsen, hat das Seminar Hitzkirch ab­solviert, ist Primarlehrer geworden und hat vor über 20 Jahren seine erste Stelle in Buochs angetreten.

Über das Pädagogische hinaus wurden da zwei Sondertalente manifest: jenes für das Theaterspiel und das andere für die Musik. Gleichenorts startete auch der Stanser Sämi Locher seine Lehr­tätigkeit, und schon bald zupften die beiden Junglehrer zusammen ihre Gitar­ren, gründeten die Folk-Band «Buschi & Anni» und waren damit schnell landauf, landab gern gehört.

Theatermensch
Ein anderer Stanser in Buochser Diensten, Schulleiter Thomy Ittmann, schnappte sich den quirligen Jungmann fürs Theater: Rollen im «Sommernachtstraum» (2007) und «Frank V.» (2010) brachten ihn auf die Bretter des Mürg-Theaters und – mir nichts, dir nichts – in den lebhaften Stanser Kulturkuchen. «Ich war erstaunt, wie ich als ‹Fremder› von den Theatermenschen offenherzig aufgenommen worden bin», schwärmt David Bucher von seiner Zeit als Schau­spieler, fügt dann hinzu: «Die Bühne war aber nicht so sehr meine Sache, ich zog das Werken im Hintergrund vor» – und so wechselte er in die Bühnenmann­schaft, dann an die Bar hoch oben im Haus und schliesslich in die «StüKo», die Stückwahlkommission: Das ist jenes Gremium der Theatergesellschaft, wel­ches vorspurt, womit das Publikum in der Spielsaison ausgangs Winter unter­halten werden soll.

General Manager im Wetz-Reich
David, der an seinem Arbeitsort in Ju­dith seine Frau fürs Leben fand, zog aus der Stadt Luzern nach Stans, wo es das Glück wollte, dass die beiden den «Pfau­en» in der Schmiedgasse – Robi Ettlins ehemalige Bäckerei – erwerben konnten. Jetzt war er auch physisch mitten drin im Stanser Dorf und besonders in der «freien Republik», die wie kein anderer Stanser Strassenzug und kein anderes Quartier ein Gemeinschaftsleben pflegt, dem man sich kaum entziehen kann. Gerade hatte der «alte König» (der Robi, klar!) das Szepter niedergelegt, und nun war die junge Generation gefragt fürs Organisieren der Schmiedgass-Chilbi, des Ausflugs, des «Samichlais». Dass David da nicht abseits bleiben konnte, versteht sich von selbst.

Unterdessen hatte er von der Schule ins «KKLB», den «Ort für Kunst, Kultur und Geschichte» im alten Landessender Beromünster, zu Wetz (Werner Zihlmann) gewechselt, diesem phänomenalen Tau­sendsassa in allen Kunstgattungen. Da­vid bekam da den schwungvollen Titel ei­nes «General Manager», was hiess: Mann für alles. Er sah hier, wie unverkrampft die verschiedenen Ausdrucksformen zur Kunst verknüpft werden können, sodass er resümiert: «Wetz war mir ein enorm inspirierender Lehrmeister.»

Erklärungsnotstände
David wandte sich dem Schreiben zu (Wetz ist mittlerweile auch Schriftstel­ler); zusammen mit Freunden gründete er das «Büro für Erklärungsnotstände», das sich zum Ziel gesetzt hat, zur «Klä­rung der unzähligen, noch ungelösten grossen Mysterien der Menschheit bei­zutragen», so etwa zur Frage, warum «die Bananen immer die Nummer 1» ha­ben. Bescheiden heisst es, die «manch­mal sehr ausschweifenden Erklärungen» würden «keinerlei Anspruch darauf erheben, auch nur im Entferntesten mit der Realität zu tun zu haben», sie sind aber deswegen nicht minder in­teressant oder aber doch wenigstens schmunzelträchtig.

Realitätsverfremdung
Das Genre der humorvollen, vertrackt gesponnenen Realitätsverfremdung fo­kussiert David jetzt ganz konkret auf Si­tuationen und Begebenheiten in und um Stans. 22 Geschichten hat er sich unter­dessen erstrampelt und sie mit Hilfe von KI (künstlicher Intelligenz) in täuschend echter Manier selbst illustriert. Wenn berittene Kamele über die eingangs er­wähnte Gelb-Bahn galoppieren oder ein wachsamer Jägersmann mit Flinte im Anschlag auf dem Rosenburg-Hochsitz Wölfen auflauert: Es könnte ja so sein oder gewesen sein – ein Amüsement je­denfalls ist der Leserschaft gewiss!

David Bucher, Der Stanser Spargelkrieg und weitere beinahe wahre Geschichten, 140 Sei­ten, illustriert, 25 Franken, Verlag Bücher von Matt, Stans, ISBN 978-3-907471-05-0. Das Buch erscheint Mitte November. Am 17. Januar 2026 liest Bucher im Chäslager.

David Bucher
Der «General Manager» klärt die ungelösten Stanser Mysterien auf. (Bild: Peter Steiner)