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Erfolgsgeschichte eines Stanser Traditions-Clubs

7. November 2023
Der Seilziehclub Stans-Oberdorf feiert nicht nur die unglaublichen Erfolge an der Seilzieh-WM mit Athletinnen und Athleten des Clubs, sondern auch Geburtstag. Präsident Marco Hess gibt einen Einblick in die Geschichte, den phänomenalen Erfolg und den Seilziehsport generell.
Seilzieher
Die erfolgreichen Herren 640 kg der Nationalmannschaft. (Bild: zvg)

Von Cécile Maag

Vor 50 Jahren, 1973, wurde der Seilziehclub Stans-Oberdorf gegründet. Bereits fünf Jahre später holten sich die Athleten des «Tug of War» den ersten Schweizermeister-Titel und 1981 unter neuem Präsidenten und mit einem neuen Trainer den ersten Weltmeister-Titel. Von da an mischten die heimischen Seilzieher auf nationalem und internationalem Parkett ganz vorne mit, es folgten regelmässig Siege und Meistertitel. 1992 konnte der Club – nicht zuletzt auch wegen der guten Leistungen der vergangenen Jahre – die Saison mit 22 Junioren in Angriff nehmen. Im selben Jahr wurde das Nationalkader ins Leben gerufen, für das auch der Seilziehclub Stans-Oberdorf in den folgenden Jahren und bis heute etliche Aktive stellen konnte. Ein Jahr später, also 20 Jahre nach der Gründung des Clubs, folgte ein weiterer Höhepunkt in der Geschichte des Seilziehclubs und die Möglichkeit, den Club in der breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen: die Teilnahme bei Thomas Gottschalks «Wetten, dass …?». Dabei sollten die starken Männer einen voll beladenen, etwa sieben Tonnen schweren Wagen der Stanserhorn-Bahn in zwei Minuten zehn Meter den Berg hinaufziehen. Leider ging die Wette um ein paar Sekunden verloren – zum Wettkönig reichte es aber trotzdem noch. Danach wurde es etwas ruhiger um den Club, bis 2010 Marco Hess, Seilzieher und seit 2022 Präsident, gemeinsam mit neun anderen in einem neuen Jugendteam startete. Auch Frauen bildeten ab dem Jahr 2010 wieder ein eigenes Team. Bis heute stieg die Zahl Lizenzierter auf 69 und auch eine Schülermannschaft wurde gegründet.

Der Erfolg
2016 konnten die jungen Männer in der Zusammensetzung von 2010 an die U23- Weltmeisterschaft gehen – zum ersten Mal in der Geschichte der Jugendnationalmannschaft als reines Stanserteam. «Mit diesem Sieg setzten wir uns zum Ziel, an der Heim-WM 2023 in Sursee teilzunehmen», so Hess. Das eingeschworene U23-Team wuchs bis 2022 zu einem ausgesprochen eingespielten Eliteteam in der Gewichtsklasse 640 kg heran. Das heisst, acht Athleten, die zusammen nicht schwerer sein dürfen als 640 Kilogramm. Im Jahr 2022 konnten die Stanser erstmals seit 25 Jahren in dieser Gewichtsklasse wieder den Schweizermeistertitel gewinnen. Wegen einer Regelung aufgrund der Corona-Pandemie konnten die Stanser 640 kg an der WM 2022 in Holland nicht die Nationalmannschaft stellen. Jedoch durften sie die Schweiz in den Kategorien 680 kg / 720 kg vertreten und wertvolle Wettkampferfahrungen sammeln. Für das 640-kg-Team unter dem Strich ein Vorteil, denn so konnten sie sich ausserhalb des Radars voll und ganz auf die Heim-WM vom September 2023 vorbereiten. Wie sich zeigte, mit Erfolg: «Der Boden lag uns gut und wir konnten unsere Leistung abrufen.» Das Team gewann den Weltmeistertitel. Marco Hess blickt gerne auf diesen Moment zurück: «Wir haben sechs Jahre auf die WM in Sursee hingearbeitet. In dem Moment, als ich realisierte, dass wir gewonnen haben, fühlte ich mich für einen Moment richtig leer. Aber danach folgte die riesengrosse Freude.»

Die Einstellung
Zum Erfolg beigetragen haben sicher auch die Einstellung und die Zielsetzung des Clubs. «Wir nehmen es sehr ernst und haben auf unser Ziel hingearbeitet. Während der Saison von April bis Mitte September machen wir nicht viel anderes als trainieren und an Turnieren teilnehmen. Andere zeitintensive Hobbys fallen schon mal weg, insbesondere, wenn man in mehreren Teams dabei ist.» Trainiert wird ganzjährig. Im Winter stehen Kraft und Ausdauer auf dem Programm. Ab Januar wird dann ein Krafttraining mit einem Training am Seil ersetzt, und ab dem Frühling wird zweimal am Seil trainiert und jeder macht individuelle Kraft- und Ausdauertrainings. Die Schüler und Junioren werden auch mit gezielten Trainings gefördert, damit diese zu einer eingespielten Mannschaft heranwachsen. Marco Hess betont zudem: «Seilziehen kann grundsätzlich jeder. Das Gefühl am Seil braucht jedoch Zeit und Training, die Taktik muss erlernt werden.»

Die Taktik
Nebst dem Training spiele eben auch die Bodenbeschaffenheit eine grosse Rolle, erklärt Hess weiter. Bei einem weichen Boden werden die Löcher länger und tiefer. Um den Gegner über diese Löcher hinweg nach vorne zu ziehen, brauche es mehr Kraft und die Kämpfe dauerten länger. Bei trockenem, hartem Boden entscheidet die rohe Kraft. «Insgesamt ist Seilziehen heute viel technischer. Früher wurde viel mit Kraft in einer eher gebückten Haltung gezogen. Heute wird auf die Körperhaltung geachtet, um den Rücken zu schonen.» Einen weiteren Einfluss hat auch das Material des Seils. Die Nylon- und Hanfseile unterscheiden sich in der Haptik, aber auch in der Elastizität. «In Sursee waren die Seile eher elastisch und es brauchte einen Schritt mehr, um das Seil richtig zu spannen.» Nicht zuletzt spiele auch die Temperatur eine Rolle. Wenn es sehr warm sei, könnten die beharzten Hände zu brennen beginnen. A propos Hände: Diese sind die Versicherung eines Seilziehers. Entsprechend müssen sie gepflegt werden, damit sie nicht verhornen.

Ein zweiter Zug!
Schaffen es die Stanser Seilzieh-Weltmeister, den vollbesetzten Wagen der Standseilbahn zehn Meter den Berg hinaufzuziehen? Was vor 30 Jahren noch knapp nicht gelang, wird am Samstag, 25. November, im Rahmen von «Wetten, dass…?» nochmals versucht. Volksfest ab 17 Uhr auf dem Steinmättli, verbunden mit der Ehrung unserer erfolgreichen Seilzieher