Inhalt

Die St.-Klara-Schwestern ziehen um nach Luzern

31. Oktober 2023
Die Kapuzinerinnen des Klosters St. Klara ziehen die Konsequenz aus dem Mangel an Nachwuchs und siedeln nach Luzern um. Hier haben sie im Kreis der St.-Anna-Schwestern eine geeignete Wohnmöglichkeit gefunden. Stans dankt dem Orden verbindlichst für sein gemeinnütziges Wirken.
St.-Klara-Schwestern
Frau Mutter Sabine Lustenberger (links) und Sr. Mirjam Liem: «Wir stellen uns der Realität.» (Bild: Peter Steiner)

Von Peter Steiner

Mitte November ist es so weit: Die sieben noch verbliebenen Schwestern des Klosters St. Klara verlassen ihre während Jahrhunderten bewohnte Heimstatt ein paar Schritte oberhalb des Rathausplatzes und ziehen in die Stadt Luzern. Sie haben dort im Zentrum St. Anna jenen Wohnraum gefunden, der ihnen ermöglicht, als klösterliche Familie weiter zusammenzuleben. «Wir bleiben selbstständig», betont Frau Mutter Sabine Lustenberger, «aber wir dürfen uns dem religiösen Leben der St.-Anna-Schwestern anschliessen und auch ihre Infrastruktur mitbenützen.» Nach langem Erwägen, wie sich die nachwuchslose klösterliche Gemeinschaft durch die Phase schwindender Kräfte bringt, habe sich mit dem Angebot aus Luzern «ungeahnt eine Tür geöffnet», durch welche die Schwestern nun frohgemut in die nahe Zukunft schreiten wollen.

Ganz locker gehen sie nicht
Wer die Entwicklung des Frauenklosters St. Klara in den letzten Jahren direkt oder über das Buch «400 Jahre Kloster St. Klara» verfolgt hat, ist wohl von der Entscheidung der Schwestern nicht restlos überrascht. Die Eintritte ins Kloster sind seit den 1960er-Jahren immer seltener geworden und zuletzt ausgeblieben. Waren zur Hochblüte einst mehr als 70 Nonnen dem Kloster zugehörig, verminderte sich der Bestand auf gegenwärtig ein gutes halbes Dutzend, davon das Gros in fortgeschrittenem Alter. «Wir sind uns bewusst und tragen
schwer daran, dass wir mit dem Wegzug die jahrhundertealte Stanser Klostergeschichte beenden, aber wir stellen uns damit auch der Realität», konstatiert Sr. Sabine, und die vormalige Frau Mutter, die 80-jährige Sr. Mirjam Liem, versteckt ihre Gefühle nicht: «Das Kloster hier mit seinen Räumen, der schmucken Kirche, dem herrlichen Garten – das war ein Leben lang mein Zuhause, das ich mit Wehmut verlasse», gesteht sie und ergänzt, dass sie mehr noch «die Menschen hier und so das soziale Netz» vermissen werde. «Beweglichkeit war seit jeher ein Charakteristikum unseres Konvents», erinnert Sr. Sabine an die nicht immer einfache Ordensgeschichte, und «so handeln wir jetzt, solange wir die Entscheidungen noch selbst fällen können.»

Haus und Hof bleiben zurück
Die Anfänge des Klosters St. Klara gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Gewitzt vom Widerstreit mit dem imperialistischen Kloster Engelberg stand das Land Nidwalden seit dem 14. Jahrhundert Klostergründungen reserviert gegenüber. Mitgifte bei Eintritten und Vermächtnisse entzogen der Bevölkerung vererbbares Land und schmälerten tendenziell der Nachfolge-Generation die ökonomische Grundlage; ein Kloster war sprichwörtlich eine «tote Hand». So zog sich die formell-rechtliche Bewilligung der Landsgemeinde für die Klostergründung bis 1618 hin und sie wurde erst noch mit einer Bestandeslimite versehen. Die Missachtung der Auflagen führte wiederholt zu Spannungen mit der weltlichen Obrigkeit.
Die Vorgabe jedoch, die Klostergemeinschaft selbstständig zu ernähren, war nur mit Hilfe eines landwirtschaftlichen Betriebes erfüllbar. So entwickelte sich seit dem 17. Jahrhundert um das «Chlesterli» am oberen Dorfrand eine immer imposantere Anlage mit grosser Landwirtschaft («Chlostermatt») und einem Institutsgebäude. Alles «mit dem Boden Verbundene» bleibt nun zurück, wird aber nicht «herrenlos»: «Wir bringen die Stanser Güter in eine Stiftung ein, die in erster Linie bezweckt, mit den Miet- und Pachterträgen den Lebensunterhalt der Schwestern zu sichern», erklärt Sr. Mirjam und gesteht: «Es ist gerade die Verwaltung der Güter, von welcher wir uns entlasten wollen.» Aber sie macht auch klar: «Eine schiere Verweltlichung wollen wir mit der Stiftung verhindern – der franziskanische Geist soll weiter präsent bleiben.»

Pionierinnen im Schulwesen
Es war von der Gründung des Klosters an nicht nur Weltferne und Kontemplation, welche die Schwestern suchten, sie wollten sich auch nützlich machen. So unterrichteten um 1600 schon die «Urschwestern» Elisabeth und Dorothea Mädchen, und im Verlaufe der Zeit wurde Erziehen und Unterrichten zum wichtigen Teil der klösterlichen Tätigkeit. Die Erfüllung der kantonalen Schulpflicht auch für Mädchen delegierte die Gemeinde Stans 1852 an die St.-Klara-Schwestern, die 1887 dafür selbst ein Lehrerinnen-Seminar etablierten. 1896 schenkte das Kloster der Schulgemeinde das für den Bau des «Meitli-Schulhauses» (jetzt Schulhaus Kniri) notwendige Land. Die rege Bildungstätigkeit umfasste auch Haushaltungs- und Deutschkurse und dann ab 1906 Handelskurse. Töchter aus der ganzen Schweiz wurden im Internat untergebracht, und auch viele Stanser Mädchen genossen den Abschluss ihrer schulischen Bildung mit dem Besuch der Sekundarschule im «Insti». Sr. Mirjam war eine der letzten Lehrerinnen, welche an der «Stanser Mädchen-Hochschule» unterrichteten. Einige der Mädchen, berichtet sie, seien jahrzehntelang dem Kloster verbunden geblieben und hätten sich in Dankbarkeit zu «Alt-Stanserinnen» zusammengeschlossen. Aus den bekannten Gründen des Nachwuchsmangels zogen sich die Schwestern 1970 zuerst aus dem Kniri zurück und 1988 gaben sie auch ihre eigene Schule definitiv auf. Die Gemeinde Stans war sich damals bewusst – und ist es heute noch –, welch grosse Leistung die Lehrschwestern in den mehr als 100 Jahren Engagement für die Stanser Mädchenprimarschule erbracht haben.
«Tausende tragen das Bild der gütigen, verstehenden Lehrschwestern aus ihrer Schulzeit und gleichzeitig tragen sie auch den verdienten Dank an die Schwestern in sich», schrieb das «Nidwaldner Volksblatt» im Rückblick auf die Abschiedsfeier.

Franziskanisch auch im Abgang
Bescheidenheit ist eine der franziskanischen Tugenden, zu welchen sich die Kapuzinerinnen stets bekannten. Dabei wollen sie auch jetzt bei ihrem endgültigen Abschied von Stans bleiben. Für den 11. November ist eine schlichte Feier in der Pfarrkirche (17 Uhr) angesagt. «Wir wollen der Bevölkerung danke sagen für all die herzlichen Begegnungen und die vielfältige Unterstützung in der vergangenen Zeit», sagt Sr. Sabine, und Sr. Mirjam bemerkt gelassen: «Weisch, wir sind ja noch nicht ab der Welt.»

Abschiedsfeier:
Samstag, 11. November, 17 Uhr, in der Pfarrkirche Stans